In Deckung, jetzt kann es ungemüdlich werden! Am dritten Tag unserer Winterferien Interview-Woche trafen wir uns mit Kampfsportler Patrick Schmidt. Der fünffache Titelträger bereitet sich derzeit auf seinen nächsten K1-Kampf, am 21. März 2020 in Jena, vor.


Die Winterferien 2020 Interview-Woche:
Tag 1: mit Tatjana Vysochan (Link).
Tag 2: mit Daniel Schmidt (Link).
Tag 3: mit Patrick Schmdit (Link).


Hallo Schmidter. Wie geht’s dir so? Alles klar?

Ja schon. Die ganze Wettergeschichte hab ich jetzt langsam hinter mir gelassen. (Nachfrage: Meinst du die Sache mit dem Sturm?) Nein. Das ganze auf und ab, mal warm, mal kalt. Ich bin da ziemlich anfällig für Erkältungen. Aber ansonsten geht es mir gut.

Du bereitest dich derzeit auf deinen nächsten Kampf vor. Dieser wird in Jena stattfinden. Was weißt du über deinen Gegner oder die Veranstaltung?

Die Veranstaltung ist sehr groß und sehr gut besucht. Es ist eine große Arena und es gibt jetzt schon nicht mehr viele Tickets. Mir gefällt die Fight Night, denn es sind viele Kämpfe im K1, also in dem Kampfstil, in dem ich ja auch antrete. Über meinen Gegner weiß ich wie immer nicht sehr viel. Wir wissen, dass er sieben Kämpfe bestritten hat und ein harter Bengel ist. Ein paar Freunde kennen ihn vom Sparring, ich denke es wird eine schöne Schlacht im Ring.

Wie sieht die Vorbereitung aus? Beschreib mal nen ganz normalen Trainingstag. Was sind so die Schwerpunkte?

Also die intensive Vorbereitung auf Kämpfe beginnt immer sechs Wochen vor dem Kampf. Gerade geht es darum, richtig fit zu werden, sich an die Kampflänge (3 x 2min) zu gewöhnen und das ein oder andere Sparring mit einzubauen. Es kommt allerdings bei mir noch ein Urlaub dazwischen. Etwas doof gebucht, aber das ist kein Problem. Ich such mir dann ein paar Gegner am Strand 😁. Nein, Spaß beiseite. Ich werde natürlich ein paar Aufgaben auch im Urlaub haben, um den Fokus auf den Kampf nicht zu verlieren.

Welchen Einfluss nimmt dein Trainer Enrico Schnurre auf dich? Erklärt er dir noch viel oder ist das meiste inzwischen Routine??

Mein Trainer hat weiterhin einen riesen Einfluss auf alles. Ohne Trainer geht es einfach nicht. Du kannst als Kampfsportler nicht, bzw. nur sehr schwer alleine klarkommen. Der Trainer hat vor allem während des Kampfes von draußen eine ganz andere Sicht auf das Geschehen als man selber im Ring. Enrico hat über die Jahre so viel Erfahrung gesammelt. Vor einem Kampf besprechen wir die Dinge und erarbeiten uns zusammen einen Plan, den ich dann im Ring versuche umzusetzen.

Ich hab letztens bei mir auf Arbeit gehört: „Kampfsport bzw. Boxen ist doch das, wo man sich gegenseitig auf die Fresse haut. Die einen finden es geil, die anderen überhaupt nicht“. Unterschreibst du dieses Statement? Oder hat der Sport viel mehr Facetten zu bieten?

Ja, also da hat natürlich jeder eine andere Sichtweise. Aber diese Schwarz-Weiß-Malerei mag ich nicht wirklich, denn ich finde der Sport hat viele Facetten zu bieten. Für mich ist es persönlich ein sehr vielseitiger Sport. Vor allem ist es der „Urinstinkt“ aller Sportarten. Eins gegen Eins, das fand schon in der Steinzeit statt. Zwar nicht unbedingt auf Wettkampfebene, aber dennoch hat sich meiner Meinung nach vieles daraus entwickelt. Ich möchte auch nicht Einzelsportarten, wie die unterschiedlichen Formen des Kampfsports, mit Teamsportarten wie zum Beispiel Handball, Volleyball oder Fußball vergleichen. Das kannst du auch nicht. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Manches ist auch gleich. Ich stehe zwar allein im Ring, dennoch habe ich ein großes Team um mich herum. 

Mal was anderes. Bist du schonmal in den Ring gestiegen und hast richtig Schiss gehabt?

😁….Noch nie! Nein. Also natürlich hatte ich schon Schiss. Und ich denke, jeder der was anderes behauptet, der lügt. Schiss, Aufregung, Unsicherheit, das ist etwas ganz normales. Und vor allem ist das auch gut so, denn dann hat man auch Respekt vor seinem Gegner und unterschätzt diesen nicht, egal welchen Eindruck man von diesem hat.

Und bist du schonmal in den Ring gestiegen und hast gedacht, den hau ich jetzt komplett weg?

Ja hatte ich auch. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Anschließend habe ich den Gegner komplett unterschätzt und stand am Rande einer Niederlage. Klar ist das schwierig, aber am Besten man bildet sich anhand von Bildern oder direkt vor dem Kampf kein Urteil. Ich kann mich an Kämpfe erinnern, da sah der Gegner aus wie ein Milchbubi und hat mir dann ordentlich Feuer unterm Arsch gemacht. Und andererseits gabs auch schon Fälle, da dachte ich ´Oha, was für ne Maschine´. Und dann war nicht viel dahinter.

Du bist Europameister im K1. Hat sich seitdem auch was bei dir im Freundeskreis oder Umfeld bezüglich der Wahrnehmung und Respekt geändert? Spricht man häufig über deine Titel oder das Geschehen im Ring oder versuchst du das privat auszublenden?

Privat spielt der Kampfsport eigentlich keine Rolle. Und das ist auch gut so. Ich bin mehrmals die Woche beim Training. Gerade in der Wettkampfzeit so gut wie jeden Tag. Und da brauchst du zu Hause auch deinen Ausgleich davon.

Wenn dus dir aussuchen dürftest. Unabhängig von der Sportart oder Gewichtsklasse. Mit welchem Kämpfer würdest du gerne mal im Ring stehen und wie würdest du ihn besiegen?

Also so richtig wurde ich vom Kampfsport infiziert beim letzten Kampf von Steven Kitzing im Glaspalast. Da dachte ich ´Alter Schwede´, das geht ja richtig ab. Steven hat übrigens heute (Montag war das Interview) Geburtstag. Schöne Grüße!

 

Steven Kitzing bei der Dessauer Boxnacht 2013.

Und wie würdest du ihn besiegen?

Ich glaube den kann man nicht besiegen 😁. Wenn dann nur unfair. Ich würde mir was überlegen….

Was sind deine Stärken und Schwächen im Ring?

Das hat sich in den letzten eins, zwei Jahren ganz schön verändert. Was früher mal meine Schwäche war, ist inzwischen meine Stärke und auch umgedreht. Was ich damit meine ist, dass ich anfänglich überstürzt in die Kämpfe ging und zu viel wollte. Wenn das dann nicht geklappt hat, dann ging mir zum Ende hin ganz schön die Puste aus. Inzwischen gehe ich da gelassener an die ganze Sache heran und warte auch gegebenfalls erst mal ab. Aber auch da musst du dann aufpassen, dass das du den Gegner nicht zu viel machen lässt. Es gilt, dabei ein gesundes Mittelmaß zu finden.

Als du mit dem Kampfsport angefangen hast, war dir ja sicherlich nicht klar, dass du mal ein Titelträger wirst. Oder doch? Und hast zwischendurch auch mal daran gedacht, das Handtuch zu werfen?

Nein. Also ich dachte nie, dass ich mal ein Titelträger werde. Aber ganz ehrlich? Das interessiert mich auch nicht wirklich. Das klingt jetzt komisch, aber der Titel ansich ist gar nicht so wichtig. Ich habe inzwischen fünf verschiedene Titel, doch was zählt, ist das was im Ring abgeht. Ich hatte schon Titelkämpfe, die waren gar nicht spektakulär. Und im Gegensatz dazu, gerade in meinen ersten Kämpfen, habe ich mir wilde Schlachten geliefert, die ich nie vergessen werde. Und das waren keine Titelkämpfe. Von daher ist mir das auch nicht so wichtig. Ob ich stolz auf meine Leistung sein kann, beurteile ich danach, wie ich mich und vor allem wie sich der Gegner geschlagen hat und nicht, ob es ein Titelkampf war oder nicht. Kampfsport ist inzwischen zu meiner Leidenschaft geworden. Ich habe bis jetzt noch nie ans Aufhören gedacht.

Hast du im Bereich des Kampfsports nochn großes Ziel vor Augen?

Nicht wirklich. Wie gesagt, ich denke nicht vorrangig an Titel. Ich sehe es so: nach jedem Kampf ist es eigentlich mein Ziel, noch einen weiteren Kampf bestreiten zu dürfen. Wenn du es so willst, ist es natürlich ein großes Ziel, bei der nächsten Dessauer Boxnacht anzutreten. Es ist immerhin die 10. Auflage! Da will ich unbedingt dabei sein.

Was gibst du jungen Menschen, die vielleicht auch gerade noch kein Sport treiben, mit auf den Weg, weshalb Sport und Bewegung wichtig ist und warum Kampfsport für sie das richtige sein könnte?

Natürlich ist es wichtig Sport zu treiben. Das weiß jeder. Aber ob Kampfsport, speziell Boxen oder K1 der richtige Sport ist, dass kann dir niemand von außen sagen, das musst du selber für dich entscheiden. Das klingt zwar jetzt ein wenig abgedroschen, aber im Prinzip ist es wirklich so. Als Kampfsportler musst du auch ein klein wenig ne Macke haben. (Nachfrage: Du meinst die Kämpfergene?). Ja genau. Es ist natürlich ein Sport, an dem du fast bei jedem Training an deine Grenzen gehst und auch mal übel einstecken musst. Du arbeitest monatelang auf ein kurzes Erfolgserlebnis hin. Das Gefühl dann im Ring zu stehen dieses, wenn du den Gegner besiegt hast, ist jedoch unbeschreiblich. Wer darauf steht, kann gerne mit dem Kampfsport anfangen. Es ist natürlich auch ein Sport, bei dem du nicht einfach mal lange pausieren kannst. Ich sag mal so, beim Volleyball zum Beispiel kannst du dir eine längere Pause leisten, steigst nach einem Jahr wieder ein und kannst immernoch einer der besten Spieler sein. Beim Kampfsport bist du dagegen komplett raus. Es bräuchte seine Zeit, wieder fit zu werden und mental auf der Höhe zu sein. Wer natürlich Interesse hat, ist gerne dazu eingeladen mal bei uns (PSV 90 Turnhalle in der Heidestraße) vorbeizuschauen. Die Kampfsportler trainieren mehrmals in der Woche.

Vielen Dank Schmidter. Viel Erfolg in Jena!

Na klar. Und danke für das Interview.


Die Winterferien 2020 Interview-Woche:
Tag 1: mit Tatjana Vysochan (Link).
Tag 2: mit Daniel Schmidt (Link).
Tag 3: mit Patrick Schmdit (Link).